Rund 2200 offene Klagen am Ingolstädter Landgericht wegen des Diesel-Skandals
Audi gewinnt viele Verfahren, aber eben nicht alle

11.01.2022 | Stand 11.01.2022, 12:15 Uhr
Fahnen auf dem Audi-Gelände −Foto: Stefan Eberl

Von Christian Tamm

Noch immer beschäftigt der Diesel-Skandal die Gerichte. Auch am Landgericht Ingolstadt sind noch mehr als 2000 Verfahren offen. Wie das Gericht auf Anfrage mitteilt, ebbt die Welle aber ab. Laut Audi würde ein Großteil der Auseinandersetzungen im Sinne des Ingolstädter Autobauers entschieden - aber eben nicht alle. Einer der erfolgreichen Kläger berichtet von Zahlungsverzögerungen.

Vor inzwischen mehr als sechs Jahren wurden Manipulationen an Diesel-Motoren öffentlich. In den USA wurde eine unerlaubte Funktion in der Abgas-Reinigung bei VW-Modellen enttarnt. Seit dieser Zeit ist einiges passiert. Der Volkswagen-Konzern hat sein Image verändert und setzt voll auf E-Mobilität. Köpfe wurden ausgetauscht. Und es hagelte Klagen - letztlich auch gegen die VW-Tochter Audi.

Wie das Landgericht Ingolstadt erklärt, seien dort derzeit noch rund 2200 Klagen rund um das Diesel-Thema anhängig. "Wir haben allerdings im abgelaufenen Jahr 2021 nicht mehr diese Rallye erlebt wie noch im Jahr 2020", sagt ein Sprecher der Behörde. Demnach seien vor allem ab Oktober 2020 sehr viele Klagen aus dem Ausland eingereicht worden. 

In welcher Taktung Diesel-Verfahren abgeschlossen beziehungsweise neue Verhandlungen am Ingolstädter Gericht aufgenommen werden, sei pauschal nur schwer zu beantworten, teilt der Sprecher weiter mit. Dies liege zum einen daran, dass die rund 20 Zivilrichter des Landgerichts individuell entscheiden, welcher Inhalt wann verhandelt wird. Zum anderen bremse auch die Corona-Lage laufende Verfahren immer wieder aus.

Erfolgreicher Kläger enttäuscht von Audi
Bereits beendet ist das Verfahren um die Klage von Franz Xaver Karl aus dem Raum Pfaffenhofen. Er hatte gegen Audi geklagt und bekam in zweiter Instanz letztlich Recht. Karl betont, immer Audi oder VW gefahren zu haben. Er sei eigentlich stets zufrieden gewesen. "Aber ausgerechnet dieses Fahrzeug, das vielleicht sogar mein letztes gewesen wäre, war dann vom Diesel-Skandal betroffen." Der Rentner und frühere Unternehmer hat sich an unsere Zeitung gewandt. Denn es habe eine Verzögerung bei der Zahlung durch Audi gegeben. "Ich habe keine Rückmeldung auf Beschwerden bekommen. Und Anwaltsschreiben blieben ebenfalls unbeantwortet. Ich nehme an, dass es vielleicht anderen Klägern ähnlich geht - und die Leute lassen sich einfach viel zu viel gefallen." 

Wie oft es tatsächlich zu Verzögerungen bei Rückzahlungen rund um den Diesel-Skandal kommt, ließ sich nicht klären. Die Ingolstädter Audi AG teilt jedoch auf Nachfrage ohne Nennung konkreter Zahlen mit: "Allgemein gilt, dass eine rasche Abwicklung abgeschlossener Verfahren auch in unserem Interesse liegt." So erklärt ein Sprecher von Audi weiter: "Wenn es in Einzelfällen zu Verzögerungen bei Auszahlungen kommen sollte, bedauern wir das."

Software-Update als Stein des Anstoßes
Laut Karl war das Thema Umwelt bei der Kaufentscheidung durchaus wichtig gewesen. Da er den Wagen - ein höherpreisiges Modell - eigentlich behalten wollte, ließ er das nötige Update aufspielen in der Hoffnung, das Thema sei beendet. "Seither geht allerdings der achte Gang nur noch selten rein. Der Verbrauch ist gestiegen. Und der Wagen wurde auch hörbar lauter." Das Auto sei heute einfach ein vollkommen anders als vor dem Update. "Und deshalb habe ich mich am Ende dann doch dazu entschieden, es zurückzugeben." Es kam zur Verhandlung. Laut Karl hätte die Rückzahlung bis spätestens 6. Dezember 2021 erfolgen müssen. Rund um Weihnachten dann die gute Nachricht: Das Geld sei eingegangen. 

Aber: Laut Audi sind zu Ende November 2021 gut 8600 Urteile in Verfahren zu V-TDI-Motoren mit Beteiligung des Unternehmens in erster Instanz ergangen. "Davon wurden etwa 80 Prozent zu unseren Gunsten entschieden. In zweiter Instanz sind rund 650 Entscheidungen mit Beteiligung der Audi AG ergangen. Davon wurden ebenfalls über 80 Prozent zu unseren Gunsten entschieden." Im Audi von Franz Xaver Karl war ebenfalls ein V-Diesel verbaut. "Ich habe mir jetzt einen Südkoreaner bestellt", sagt er noch zum Abschied.